FDF DachNews - Ausgabe 3/2021

3 2 Für die Produktion der Flachdachabschluss- Elemente und Mauerabdeckungen aus Alu- minium hat man die CAD Daten als Basis genutzt. Diese Daten wurden übernommen und in den Steuerungsprogrammen für die CNC-Maschinen aufbereitet. Der Vergleich zur herkömmlichen Bauweise liegt auf der Hand: Dort wartet man auf den Abschluss der Putzarbeiten, um anschließend ein genaues Aufmaß der Attika vorzuneh- men. Bei gerundeten Elementen ist der Auf- wand meist noch höher, da in Handarbeit ent- sprechende Schablonen erstellt werden müs- sen. Diese Arbeitsschritte konnte sich das Team Metallwelt sparen. “Nach unserer Datenaufbereitung konnte die Mauerabde- ckung passgenau für die Loggia des Hauses ausgestanzt und anschließend von Hand ver- schweißt werden”, erklärt Rüschenbaum den Arbeitsablauf. Die Montage der Mauerabdeckung der form- schönen Loggia war dann spielend einfach. Aufgelegt und geklebt - fertig. So hat das gedruckte Mauerwerk nicht nur einen optisch ansprechenden Abschluss erhalten, sondern ist jetzt auch vor Nässe und anderen Witte- rungseinflüssen bestens geschützt. Auch für das Dach wurden die Radien des Flachdachabschlussprofils aus den CAD- Daten des Planungsbüros abgeleitet. Die Ver- arbeitung der Metallwelt-Produkte und der Dacharbeiten übernahm die Firma Peitz Bedachungen aus Beckum durch Dachde- ckermeister Hans-Werner Peitz, der mit den vorgefertigten Teilen sehr zufrieden ist: ‚Die Montage verlief schnell und ohne Komplika- tionen‘. Ist das die Zukunft am Bau? Im nordrhein-westfäli- schen Beckum steht jetzt das erste Haus Deutschlands, dass im 3D-Druckverfahren hergestellt wurde. So soll Bauen einfacher, schneller und billiger werden. Auch am Dach ergeben sich Besonderheiten. Ins Auge fällt die technisch bedingte organische Form, die vor allem die Macher des Dachrands herausforderte. Dachrand mit CAD-Technik Bauen. Die Basis dafür war eine opti- mal funktionierende digitale Prozess- kette. So war die Zusammenarbeit von Architekt, Dachdeckerhandwerk und Industrie bei diesem außerge- wöhnlichen Projekt etwas anders als gewohnt: “Wir unterhielten uns inten- siv über Datenformate und Datenim- portmöglichkeiten, während die Auf- maße vor Ort komplett wegfielen”, erzählt Rüschenbaum. Das 3D gedruckte Haus hat eine besondere Geometrie, denn der Druckroboter kann einzigartige gerundete Eck- ausbildungen ausbilden. Das Haus hat deshalb in den Ecken formschöne Radien, die ein besonders interessantes, organisches Erschei- nungsbild entstehen lassen. Auch die Dachgeo- metrie und die Form der Loggia ist besonders. Die gerundeten Formen des Hauses erfordern auch gerundete Dachabschlüsse und Abde- ckungen. Eine besondere Herausforderung für die Metallwelt-Profis aus Arnsberg. “Wir ver- stehen uns als Experten für maßgeschneiderte, innovative Lösungen aus Metall rund um den Bau”, so Geschäftsführer Christoph Rüschen- baum. Ein besonderes Pilotprojekt zieht die Aufmerk- samkeit der gesamten Baubranche auf sich: Das erste im 3D-Druck erstellte Wohnhaus Deutschlands wurde in Beckum, im Kreis Warendorf in Nordrhein-Westfalen errichtet. Der Planer und gleichzeitig auch Bauherr Wal- demar Korte mit seinem Unternehmen Mense- Korte GbR ingenieure+architekten wurde für diese beeindruckende Innovation sogar mit dem „German Innovation Award 2021“ ausge- zeichnet. Im Juli wurde das Haus fertig gestellt. Auf zwei Ebenen hat das Haus 160 qm Wohn- fläche. “Ähnliche Projekte hat es bereits in den USA, Dubai oder China gegeben, aber wir setzen noch mal neue Maßstäbe mit einer EnEV-kon- formen Planung”, erklärt Architekt Waldemar Korte die Besonderheit des Pilotprojekts. Der mehrschalige Wandaufbau mit Dämmung ist 24 cm dick. Hinzu kommt innovative Gebäu- detechnik wie Lüftungsanlage, Luftwärme- pumpe, Betonkernaktivierung und Photovol- taik. “Insgesamt ist der KfW-55 Standard ent- standen”, erklärt Korte stolz. Wie Buttercreme aus der Tortentülle spritzte die kameraüberwachte Düse des Druckroboters der Firma Peri Schicht für Schicht eines Spe- zialbeton aufeinander. Für die Begleitung die- ses vollautomatisierten Vorgangs sind nur zwei Mitarbeiter erforderlich. Die Planung ist voll- ständig digitalisiert und bietet ein großes Spiel- feld an Gestaltungsmöglichkeiten, die im Ver- gleich zur herkömmlichen Bauweise nur mit einem hohen finanziellen Aufwand realisiert werden könnten. Mit diesem Pilotprojekt sollten auch Erkennt- nisse über die Vor- und Nachteile der 3D- Betondrucktechnologie im Hausbau gewonnen werden. Auch wenn dieses Haus derzeit noch ca. 10 bis 15 % teurer ist als herkömmliches Bauen, liegen die Argumente für die kos- tensenkenden Effekte für zukünftige Pro- jekte auf der Hand: Ganz vorn liegt der Vorteil der Schnelligkeit, denn die „Tur- botülle“ legt eine Betonstrecke von 1m/s zurück. So wurde insgesamt pro Geschoss 50 Stunden in zwei Wochen gedruckt. Weitere Argumente sind der völlige Weg- fall der Verschalung und die Möglichkeit, alle erforderlichen Leitungen, Anschlüsse und Rohre für Wasser, Strom etc. direkt in den Druckprozess integrieren zu kön- nen. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert das interessante Bauprojekt in Beckum im Rahmen seines Förderprogramms „Innovatives Bauen“ mit 200.000 Euro. Alle an diesem Bau beteiligten Unternehmen wollten mit diesem Druckprojekt wichtige Erfahrungen sammeln, um die nächsten, bereits geplanten, Bauprojek- te in Deutschland noch professioneller und kostensparender gestalten zu können. Ein Beispiel bei der Erstellung des Daches war die Firma Metallwelt aus Arnsberg. Sie lieferte den Dachrand aus Aluminium. “Die Art des 3D-Drucks verändert den Bauprozess grund- sätzlich, denn hiermit beginnt das digitale Zeit- alter des Bauens. Die Planung des dreidimen- sionalen Gebäudemodells ist nicht nur ent- scheidend, um den Druckroboter der Firma Peri anzusteuern, sondern bietet allen Gewer- ken eine große Vereinfachung der Arbeitsab- läufe und damit großes Kostensenkungspoten- tial”, erklärt Metallwelt-Geschäftsführer Chris- toph Rüschenbaum den Unterschied des Beck- umer Baus im Gegensatz zum konventionellen Das 3D-Druckhaus Oberhalb der Betondecke des Beckumer Roh- baus erfolgte ein bitumöser Voranstrich, dann wurde eine 35 cm Schaumglasdämmung mit 2 Prozent Gefälle verlegt. Es folgte eine selbstklebende Bitumenbahn und anschlie- ßend eine EPDM-Bahn. Lieferant hierzu war Abdichungsspezialist CARLISLE. „Wir waren gleich von diesem innovativen Projekt begeistert“, berichtet CARLISLE Architek- tenberater Michael Pietsch „und unsere Hoch- leistungs-EPDM-Bahn RESITRIX SKWFull Bond passt perfekt ins Konzept“, ergänzt er. Das Dach soll abschließend mit einer exten- siven Begrünung und/oder mit einer PV-Anla- ge versehen werden. Die verwendete EPDM- Abdichtung ist sowohl durchwurzelungsfest nach FLL und DIN EN 13958 als auch beson- ders witterungs- und UV-beständig. Ihre bescheinigte Nutzungsdauer liegt bei über 50 Jahren bei freier Bewitterung. EPDM-Bahn dichtet das Dach des Druckhauses ab Gerundete Dachrandausführung in Aluminium im Farbton DB 703. Bild unten: Die Metallwelt Geschäftsführer Ralf Senger (links) und Christoph Rüschenbaummit den Metallteilen für den Bau in Beckum. Welche Bauteile wurden gedruckt? Korte: Alle vertikalen Bauteile, also keine Decken und keine Bodenplatten. Horizontal wird sich die Schwerkraft in nächster Zukunft nicht aushebeln lassen. Überall, wo ich Eisen in Betonbauteile einfüge, muss auch noch konventionell gebaut werden. Den Maurer gibt es also nicht mehr? Korte: So ist es. Allerdings benötigen wir zum einen jemanden, der EDV-affin ist und die Maschine überwacht. Er bedient den Drucker mit dem Laptop. Und wir brauchen einen versierten Handwerker, der das Ganze beobachtet. Er führt auch Nebentätigkeiten aus wie das Einlegen von Luftschichtankern oder Leerdosen. Den guten Handwerker brauchen wir also mehr denn je. Wann kommt die Dämmung in die Wände? Korte: Man kann sie am Schluss einblasen oder sie wird baubegleitend eingesetzt. Wir haben also einen Tag gedruckt, dann die Dämmung eingefügt und wieder weiter gedruckt. Wie schaut der Kostenvergleich aus? Korte: Wir sind derzeit noch teurer im Drucken als im konventionellen Bau. Bei Das sagt der Druckhaus-Architekt: den Gesamtkosten sind das in etwa 10 bis 15 Prozent. Im Gewerk “Rohbau”, wo wir ja auch die Fassade mit drucken, sind es sicher noch 30 Prozent Plus. Dafür sind andere Gewerke etwas günstiger, weil z. B. Leitungswege Sani- tär und Elektro direkt mit gedruckt werden. 3 bis 4 Jahren sicher auch, schneller geht es auch. Und wir haben vor allem die absolute Formenfreiheit. Kann der Drucker auch rechte Winkel drucken? Das Haus in Beckum ist so gerundet. Korte: Ja, aber an der Außenkante ist der rechte Winkel leicht ausgerundet. Es ist nur keine scharfkantige Ecke. Die runde Gestaltung in Beckum soll lediglich das Potential des Verfahrens zeigen. Es ist nicht zwingend. Wir hätten auch einen Schuhkarton drucken können. Was ändert sich für die einzelnen Gewerke? Korte: Beim typischen Bau- arbeiter wird es eine neue Richtung im Bereich Compu- ter-Affinität geben. Dann gibt es aber auch Gewerke, bei denen wir einsparen können. Z.B. bei der Sanitärinstallati- on und der Elektro-Roh- Installation. Hier wird ein Teil des Gewerkes gespart, weil das baubegleitend in Waldemar Korte hat das Druckhaus in Beckum/NRW als Architekt geplant. Sein Planungsbüro in Beckum ist damit einzigartiger und konkurrenzloser Vorreiter in Deutschland. DachNews hat nachgefragt, was sich seiner Mei- nung nach durch das Drucken in Zukunft am Bau verändert. Aussparungen der Wände eingelegt wird. In vielen Bereichen benötigen wir auch keinen Putzer mehr. Die Wände in Beckum haben wir in geriffelter Struktur erstellt. Zukünftig geht das auch glatt. Der komplette Putzauf- trag erübrigt sich somit. Wie sehen Sie mit Ihren Erfahrungen die Zukunft des Verfahrens? Korte: Schon 0,1 Prozent am Baumarkt wären für uns in den nächsten Jahren eine Riesenaufgabe zu bewältigen. Es ist ganz schwer zu sagen, wie sich die Technik und der Markt entwickelt. Momentan sind wir tatsächlich die Einzigen in Deutschland. Wer steigt hier ein? Wie interessiert sind die Kunden? Kundenanfragen sind schon sehr viele vorhanden. Für einen Durchbruch kommt es darauf an, dass die Kollegen aus der Planung und auch die Rohbauer sich die- ser Technologie öffnen. Kann ich nächstes Jahr mit Ihnen ein Einfamilienhaus drucken? Korte: Derzeit haben wir noch andere grö- ßere Projekte vor der Brust. Aber in 2023 werden wir wieder im Einfamilienhausbe- reich tätig. Dann wird es vor allem auch um die Reduktion des Preises gehen. Denn der ist am Bau immer noch sehr entscheidend. “Für den Architekten ist der größte Vorteil der Drucktechnik die vollkommene Formfreiheit.” “Kundenanfragen gibt es jede Menge” Bauzeitvergleich? Korte: Hier haben wir die Nase vorn. Das ganze Gebäude wurde in 100 Druckstunden erstellt. Also 50 Druckstunden pro Geschoss. Das hat im Erdgeschoss etwa 4 Wochen gedauert, weil wir eine extreme Lernkurve hat- ten. Die 50 Stunden im Obergeschoss haben wir in 6 Tagen geschafft. Ist das Drucken am Bau jetzt die Zukunft? Korte: Ich sage mal, es ist nicht die allei- nige Zukunft, aber ein sehr spannender Teil davon. Es wird aus dem Baugeschehen nicht mehr verschwinden, da es in vielen Bereichen Vorteile hat. Günstiger wird es BAU-MARKT

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