FDF DachNews - Ausgabe 2/2023

3 2 Herr Zimmermann, Solar am Dach ist ein echter Wachstumsmarkt, oder? Ja, gerade für die Klimaberufe wie das Dachdeckerhandwerk ist Solar ein echter Wachstumsmarkt und Umsatzbringer. Der Dachdekker hat den Vorteil, hier das ganze Spektrum von Energie einsparenden Maßnahmen wie Dämmtechnik bis Energie erzeugende Maßnahmen wie Solar anbieten zu können und vor allem beide Bereiche aufeinander abstimmen zu können. Energetische Sanierung plus PV ist schon heute ein riesiger Markt und wird in Zukunft weiter wachsen. Wie hat sich die Einstellung der Endkunden und Hausbesitzer zu Solar in den letzten Jahren verändert? Der Markt und die Nachfrage verändert sich aktuell natürlich rasant. Im letzten Jahr hatten wir noch eine Energiemangellage und die Frage, ob überhaupt ausreichend Energie vorhanden ist. Das hat sich aktuell wieder entspannt. Aber letztlich hat nun jeder verstanden, dass wir erneuerbare Energien benötigen und dass fossile Brennstoffe auslaufen. Und die Kunden haben auch verstanden, dass man sich unabhängiger von den Energieversorgern machen muss. Die PV-Anlage ist hier eine hervorragende Lösung, diese Ziele zu erreichen. Man tut etwas Gutes im Sinne von Klimaschutz bzw. Energiewende und spart gleichzeitig Geld und wird unabhängig. Wie wichtig ist Kunden heute Rendite gegen Qualität und Ästhetik bei PV? Der Solarmarkt hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Rendite ist nicht mehr ausschlaggebend. Wir sind schon seit ein paar Jahren weg von der Volleinspeisung hin zur Selbstnutzung des Solarstroms. Früher war eine PV-Anlage eine reine Geldanlage, die mit der Anlagentechnik des Gebäudes gar nichts zu tun hatte. Da gab es die Kosten der Anlage, den Ertrag, einen Zinssatz und eine kalkulierbare Rendite. Heute ist das anders. Der wichtige Faktor der Wirtschaftlichkeit beim Eigenverbrauch ist die Strompreisentwicklung. Diese ist aber schwer zu prognostizieren. Zumal wir ja über einen Zeitraum von 20 Jahren sprechen. Aber die Kunden haben erkannt, dass die Strompreise in Zukunft eher steigen als fallen werden. Davon macht man sich mit PV unabhängig. Hat sich denn auch die Einstellung der Dachdecker zu Solartechnik am Dach entsprechend verändert? Früher hatte man eher den Eindruck, dass die Dachdecker das Geschäftsfeld vielfach gerne den Solateuren überlassen haben? Der Dachdecker kann über kurz oder lang gar nicht anders, als sich mit diesem Geschäftsfeld auseinander zu setzen. Die Kunden fragen PV bei einer Dachsanierung an. Der Dachdecker will ja dann auch keine Folgegewerke am Dach haben. Das bringt ja auch wieder Probleme. Die PV-Anlage ist ein wichtiger Bestandteil der Anlagentechnik des Gebäudes geworden. Zudem gibt es in Baden Württemberg und Berlin schon zwei Bundesländer mit Solarpflicht bei der Dachsanierung. Das wird auch in weiteren Bundesländern folgen und Ähnliches gilt im Neubau. Eine generelle PV-Pflicht ist also nur eine Frage der Zeit. Was heißt das für den Dachdecker? Der Dachdecker ist in Bezug auf PV nicht immer der erste Ansprechpartner für die Kunden, aber in Verbindung von PV und Dachsanierung hat der Dachdecker schon eine starke Position. Schon heute sollten wir es so machen wie Amazon: Kunden, die sich für dieses Produkt interessieren, kaufen meist auch... Heißt, jedes Angebot für ein Dach bei Sanierung oder Neubau sollte optional auch eine PV-Lösung zusätzlich beinhalten. Wir sind auch Unternehmer und Verkäufer. Dumm ist doch, wenn Kunden sich nach der Dachsanierung noch einen Solateur suchen und andere dieses Geschäft machen. Was muss ein Dachdeckerbetrieb an zusätzlicher Kompetenz aufbauen, um den Bereich kompetent abzudecken? Es gibt schon viele Regeln, die in Bezug auf PV und Dach einzuhalten sind. Die Regeln in Bezug auf die Dachtechnik sollte ein Dachdecker kennen. Das betrifft z. B. Dachdurchdringungen für Kabel. Hinzu kommt aber auch Brandschutz als wichtiges Thema, genauso wie der Umgang mit Gleichstrom. Aber auch neue Themen für den Dachdecker wie der Gang in den Keller und die Begutachtung des Zählerschranks gehören dazu. Man muss sich also schon intensiv mit dem ganzen Thema beschäftigen. Wie geht man als Neueinsteiger da ran? Vom ZVDH bieten wir dazu die zertifizierte Weiterbildung zum PV-Manager im Dachdeckerhandwerk an. Sie bekommen hier in 40 Stunden eine interdisziplinare Ausbildung für PV. Hier erhalten Sie das Rüstzeug, Kunden gut zu beraten, um Anlagen richtig auszulegen, lernen wichtige Kniffe für die Installation und Sie wissen danach, worauf Sie bei der Kooperation mit einem Elektriker achten müssen. Von Elektrotechnik bis Steuerrecht wird hier alles erklärt. Das wird sehr gut angenommen. Bislang haben wir 2.000 Dachdeckerbetriebe im Schulungscenter in Mayen oder auch bei den Landesverbänden geschult. Wie wichtig ist das Thema Ost-West Dächer? Ist jedes Dach solarfähig? Ost-West ist das neue Süd: Früher ging es nur darum, möglichst viel Energie zu erzeugen und gewinnbringend zu verkaufen. Heute geht es darum, möglichst wenig Strom einkaufen zu müssen. Dafür ist das Ost-West-Dach optimal. Sie haben die doppelte Fläche. Und zudem verteilt über den ganzen Tag immer Sonneneinstrahlung parallel zur Nutzung. Die Zukunft liegt in Ost-West-Dächern mit flacher Dachneigung. Diese Dächer werden zukünftig Indach-PV-Anlagen haben. Das ist auch im Hinblick auf Statik und Standsicherheit optimal, weil sich so weniger Belastung ergibt. Trotzdem steht Solar aus Sicht der Dach-Profis auch schwer in Verruf: Schlechte Ausführung, billig billig, ohne Grundsanierung von Abdichtung und Dämmung. Das ist tatsächlich so. Viele Solateure kennen die richtige Ausführung am Dach nicht. Die bauphysikalischen Anforderungen werden nicht berücksichtigt, das Problem ist vielfach, dass nur über Module, Wechselrichter und Speicher gesprochen wird. Die Montage auf dem Dach wird dann meist gar nicht so beachtet. Dabei ist sie sehr wichtig. Fragen wie Brandschutz, Standsicherheit, Dachaufbau für eine Standzeit von 20 bis 30 Jahren wird wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Hier haben wir in der Vergangenheit schon viele Dächer mit PV-Anlagen wegen falscher Ausführung wieder zurückgebaut und das wird auch in Zukunft so sein. Sind Dächer ohne Sanierung überhaupt sinnvoll mit PV zu bestücken? In Deutschland haben wir circa 19,3 Millionen Wohngebäude. Die Hälfte dieser Gebäude müssen in den nächsten 20 Jahren sanierungstechnisch bearbeitet werden. Vor einer Dachsanierung macht PV hier keinen Sinn. Trotzdem werden auch unsanierte Dächer immer wieder mit Solar bestückt. Hier ist halt ein Markt in Goldgräber-Stimmung, in dem Milliarden verdient werden. Da sind auch viele Anbieter ohne entsprechende Grundkenntnisse vom Dach unterwegs. Das zeigt sich z. B. in der falschen Materialauswahl der Dachhaken. Vielfach sieht man auch falsch aufgeschnittene Ziegel, Probleme entstehen dann oft bei flach geneigten Dächern. So werden Kabel auch einfach nur aufs Dach gelegt und nicht in die Unterkonstruktion eingebunden. Diese gehen dann auf Dauer kaputt. Viele Fehler gibt es auch beim Flachdach, z. B. die falsche Druckbelastung der Dämmstoffe oder falsche Dachdurchführungen. Viele neue Lösungen der Industrie zeigen, wie es geht: Indach, auf das Eindeckmaterial abgestimmte Befestigung. Die Hersteller haben verstanden, dass sie nicht mehr reine Hersteller von Ziegeln oder Schiefer sind, sondern zu Steildachanbietern geworden sind und Solar ist ein Teil dieses Steildaches geworden. Hier müssen durchdachte integrierte Lösungen her. Sogar Dachfensteranbieter bieten heute Lösungen, die Fenster in Solaranwendungen zu integrieren. Würden sie das nicht tun, würde das eine oder andere Fenster einfach wegfallen, weil man es nicht integriert bekommt. Das ist also der richtige Weg. Trotzdem ist eine komplette Dachsanierung mit PV finanziell schon happig. Ohne Solar liegt das vielfach schon deutlich über 50.000 Euro. Da noch mal 20.000 bis 30.000 Euro für Solar drauf legen? Wer kann sich das noch leisten? Nun die Dachsanierung und auch PV macht man ja nicht uneigennützig. Früher hat man Solar gemacht, weil es durch die Einspeisung wirtschaftlich war. Heute haben die Leute Angst davor, sich bei steigenden Strompreisen von Energieversorgern abhängig zu machen. Mit einem guten Speicher und PV auf dem Dach bekommen Sie heute 60-70 Prozent Autarkie hin. Ohne Speicher erreichen Sie in etwa 30 Prozent. In meinen Beratungsgesprächen merke ich immer wieder, dass das Geld nicht das Problem ist. Unwirtschaftlichkeit ergibt sich z. B. in vielen Fällen beim Speicher. Die Speicher werden in Zukunft sehr viel günstiger. Trotzdem wollen die Leute heute schon einen möglichst großen Speicher. Es geht also nicht um Geld, es geht um das Gefühl der Unabhängigkeit. Das kann man mit Geld schwer aufwiegen. Und Sie dürfen nicht vergessen, die PV-Anlage macht ganz andere Heiztechnik für das Gebäude möglich. Sie können z. B. Luft-Luft-Wärmepumpen einsetzen, die im Sommer auch prima wirtschaftlich kühlen. Auch der Komfort steigt also deutlich. Wie wichtig ist die PV-Förderung? Förderung ist wichtig. Es gilt, besser fördern als fordern. Der ZVDH setzt sich dafür ein, dass man eine Dachsanierung mit PV-Einbindung noch mal zusätzlich on top fördert, ähnlich wie bei der Wärmepumpe und dem Austausch einer alten Heizung. Gerade bei den aktuellen Preisen und der Unsicherheit wäre das ein wichtiger Baustein für den langfristigen Ausbau von PV. Ihr abschließender Tipp für die Erschließung des PV-Marktes für einen durchschnittlichen Dachdeckerbetrieb? Letztlich geht es darum anzufangen. Der erste Schritt ist Weiterbildung. Denn ein neues Geschäftsfeld liegen zu lassen, wäre schön dumm. Wenn wir als Dachdecker nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems sind, müssen wir uns nicht wundern, wenn andere kommen und unsere Aufgaben übernehmen. Der zweite wichtige Schritt ist es sich einen Kooperationspartner aus dem Elektrohandwerk zu suchen. Hier muss Zusammenarbeit auf Augenhöhe statt finden. Gemeinsam muss Wissen gebündelt werden. Wenn Sie überlegen, wie viele Dachdecker und Elektrobetriebe es in Deutschland gibt, haben wir beste Perspektiven. Michael Zimmermannist Dachdeckermeister und ö.b.u.v. Sachverständiger für das Dachdeckerhandwerk und die Teilgebiete Photovoltaik und Schimmelpilzschäden. Er ist Energieeffizienz– Experte für Förderprogramme des Bundes und betreibt Ockenheim ein Energieberatung- und Sachverständigenbüro. Zudem ist er gemeinsam mit seinem Sohn Kevin Zimmermann Geschäftsführer der Zimmermann Bedachungen GmbH, ebenfalls in Ockenheim. Der Dachdeckerbetrieb wurde 1992 gegründet und beschäftigt heute 25 Mitarbeiter. Seit 2017 ist er Vizepräsident im Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerk e.V., zuständig für Fachtechnik und Digitalisierung. Infos: www.mz-dach.de www.mz-sv.de mz-energieberater.de Goldgräber-Stimmung im Solarmarkt Zur Person Solar-Trägerpfannen von FLECK Im Sommer 2022 installierte die Dachdeckerei Böttcher GmbH aus Melle auf einer bestehenden Gewerbeimmobilie in Bohmte bei Osnabrück 400 Solar-Trägerpfannen von FLECK. Auf der circa 1.800 Quadratmeter großen Dachfläche wurden insgesamt 550 Quadratmeter Solarmodulfläche mit einer Leistung bis zu 88,5 Kilowatt Energie geschaffen. Da das Dach eine geringe Dachneigung von weniger als 20 Grad aufweist, sollten keine Solar-Dachhaken verwendet werden. Die Wahl fiel deshalb auf FLECK Solar-Trägerpfannen, da diese bei einem regelkonformen Unterdach bereits ab 10 Grad Dachneigung verwendet werden können. Die FLECK Solar-Trägerpfanne kann passend für nahezu 300 Typen von Dachpfannen produziert werden und wird immer in der Farbe der jeweiligen Eindeckung lackiert. Als Alternative zum pfannenspezifischen Modell bietet FLECK die Solarflex-Universalträgerpfanne an. Solar-Trägerpfannen von FLECK sind TÜVgeprüft und werden mit vormontierter sowie in der Neigung verstellbarer Montageaufnahme für viele handelsübliche Solar-Unterkonstruktionen geliefert. Zudem sind sie aufgrund der speziellen Konstruktion für die sichere Lastabtragung über die Dachlattung unabhängig von den Sparrenabständen einsetzbar, und damit die perfekte Lösung für entsprechend tragfähige Aufsparren-Dämmsysteme. Die formstabilen Solar-Trägerpfannen von FLECK bestehen aus hochwitterungsbeständigem Hart-PVC mit UV-beständiger Farbbeschichtung - passend zur gewählten Dacheindeckung. Die abgewinkelte, rückseitig angebrachte und lastabtragende Trägerplatte ist eine stabile, verzinkte Stahlplatte und wird durch ein massives Z-Profil zur Windsogsicherung ergänzt. Die außenliegende Solar-Montagehalterung besteht aus hochfestem VA-Edelstahl. Einer von vielen Vorteilen der Solar-Trägerpfannen von FLECK ist, dass sie gleichermaßen einen horizontalen sowie vertikalen Einbau der Solarmodule ermöglichen. In diesem speziellen Fall wurden die monokristallinen Module auf einer horizontalen Schienenkonstruktion ‚K2 Singlerail‘ des Herstellers K2-Systems aus Renningen, BadenWürttemberg, montiert. Der Solarmarkt am Dach boomt: Geld sparen, unabhängig werden und dabei was für die Umwelt tun überzeugt immer mehr Immobilienbesitzer. Wir sprachen mit Vizepräsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) Michael Zimmermann. Er ist Experte für Solar und Energieeffizienz. Sein Credo: Über kurz oder lang wird jeder Dachdecker Photovoltaik bedienen müssen. Lesen Sie, wie Sie in den Markt einsteigen und was sich verändert hat. INTERVIEW NEWS DACH 2/23 Bild Solarprojekt Michael Zimmermann

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