FDF DachNews - Ausgabe 1/2025

4 Viele starten ihr Unternehmen mit Leidenschaft, sehen Finanzpläne allerdings als lästige Pflicht und treffen dadurch falsche Entscheidungen. Wer seine Finanzen nicht im Griff hat, droht hinten wieder einzureißen, was er sich vorne aufgebaut hat. Dabei halten sich viele Glaubenssätze wie „Solange wir mehr Umsatz machen, als wir Kosten haben, ist alles gut“. Umsatz vs. Gewinn Ein kontinuierlicher Umsatz ist wichtig, aber sich allein darauf zu fokussieren, ist ein Fehler. Vielleicht geht der Blick auch eher in die letzte Zeile der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) auf den Gewinn. Klar, der Gewinn zeigt an, wie erfolgreich der eigene Betrieb ist. Seine Führung allein anhand von Umsatz und Gewinn funktioniert aber nicht. Im Geschäftsalltag ist vor allem entscheidend, wie viel Geld auf dem Geschäftskonto liegt. Die eigene Liquiditätsreserve sollte daher so groß sein, dass sie mindestens sechs Monate lang die verpflichtenden Kosten decken kann. Davon sind die meisten weit entfernt. Viele wissen gar nicht, wie hoch die Summe sein müsste, um sechs Monate ohne Umsatz zu überleben. Die gute Nachricht: Man braucht dafür weder ein BWL-Studium, noch besondere Mathekenntnisse. Ein paar Fachbegriffe, einige Richtwerte und die Grundrechenarten in Kombination mit einer monatlichen Finanzsession reichen in den meisten Fällen aus, um die eigenen Finanzen langfristig im Griff zu haben. In den folgenden vier Schritten kommen Sie zu stabilen Finanzen. 1. Totale Transparenz Ein guter Anfang ist, sich einen Überblick über die Kosten zu verschaffen – vor allem über die verpflichtenden Kosten. Dazu gehören fixe Kosten, aber auch ein Teil der variablen Kosten, die wichtig sind, um eine Dienstleistung oder ein Produkt überhaupt anbieten zu können. Ebenso wichtig: genau hinzuschauen, wo die Einnahmen herkommen. Ich habe mit Unternehmern gearbeitet, die einen Geschäftsbereich schon einstellen wollten, weil er gefühlt nicht viel Gewinn abgeworfen hat. Die Analyse der Zahlen hat allerdings etwas ganz Anderes gezeigt. Nur, wer sich einen klaren Überblick über die verschiedenen Bereiche oder Produktgruppen verschafft, kann strategische Entscheidungen treffen und die Struktur von Einnahmen und Kosten optimieren. Für mich ist für die Bewertung nicht der Gewinn entscheidend, sondern der Rohertrag die zentrale Ergebnisgröße. Der Rohertrag ist das Ergebnis aus Umsatz abzüglich der Produkt- oder Dienstleistungskosten. Dadurch funktioniert er als Kennzahl recht gut, unabhängig von Branche und Unternehmensgröße. Die Rechnung ist simpel: Umsatz – Produktkosten = Rohertrag Um die finanzielle Stabilität des eigenen Unternehmens zu gewährleisten, sollte man im Tagesgeschäft einen Gewinn von mindestens zwanzig Prozent im Verhältnis zum Rohertrag anstreben. Damit sind die besten Voraussetzungen geschaffen, genügend Rücklagen für Krisenzeiten zu bilden. 2. Cash auf dem Konto Gewinn ist strenggenommen nur eine theoretische Kennzahl aus der Finanzbuchhaltung. Vom Gewinn allein kann sich kein Unternehmer etwas kaufen. Daher gilt der Merksatz: Gewinn ist Theorie. Cash ist die Realität. Bei der Liquiditätsplanung ist daher wichtig zu berücksichtigen, dass Geld nicht sofort bei der Bank eingeht, wenn wir eine Rechnung an unsere Kunden stellen oder eine Rechnung von unseren Lieferanten erhalten. Normalerweise vergehen einige Tage, bis eine Rechnung tatsächlich bezahlt wird. Dieser Zeitversatz wird häufig durch die sogenannten Zahlungsziele beeinflusst. Oft kann man Skonto als zusätzlichen Rabatt nutzen, wenn man innerhalb eines festgelegten kurzen Zeitraums bezahlt. Für die eigene Liquidität ist es eigentlich vorteilhaft, kurze Zahlungsziele für die eigenen Kunden zu setzen und kein Skonto zu gewähren. Gleichzeitig sollte man für sich selbst lange Zahlungsziele verhandeln und SkontoAbzüge nutzen. Dabei geht es weniger um Zinsvorteile, sondern vielmehr um die kumulativen Effekte. Die scheinbar kleinen Zeitunterschiede beim Geldfluss können sich zu einem erheblichen Gesamtbetrag auf dem Konto summieren. Ich kenne Unternehmer, die großen Wert darauflegen, Rechnungen von Lieferanten möglichst sofort zu bezahlen – unabhängig vom vereinbarten Zahlungsziel. Gleichzeitig geben sie sich gegenüber ihren eigenen Kunden sehr kulant, stellen Rechnungen verspätet aus und gehen bei der Kontrolle des Zahlungseingangs nachlässig vor. Wenn ich mit solchen Unternehmern spreche, habe ich manchmal den Eindruck, dass sie sich fast unwohl dabei fühlen, von ihren Kunden eine schnelle Begleichung der Rechnungen zu erwarten. Dabei haben sie hervorragende Arbeit geleistet. Damit der erwirtschaftete Gewinn auch auf dem Konto ankommt, empfehle ich dringend, einen Rechnungs- und Mahnprozess zu etablieren. Es klingt so banal, aber es gibt noch immer so viele, die ewig brauchen, um eine Rechnung überhaupt erst zu schreiben. Das kann einem Betrieb am Ende das Genick brechen. Ein System zu haben, ab wann eine Zahlung angemahnt wird und wie oft bis andere Schritte eingeleitet werden, ist wichtig auf dem Weg in Richtung professioneller Finanzplanung. Wer in der Regel lange auf den Zahlungseingang der Kunden wartet, kann sich auch mit dem Thema »Factoring« befassen, bei dem die eigenen Rechnungen verkauft und dafür schnell beglichen werden. 3. Gesundes Gehalt und Entnahmen Auch die Höhe des eigenen Geschäftsführergehalt oder die Privatentnahmen – je nach Unternehmensform – spielen eine Rolle für die finanzielle Stabilität. Leider beobachte ich immer wieder zwei Extreme: Unternehmer, die sich ordentlich gönnen, sobald es läuft, und solche, die sich fast gar nichts auszahlen. Damit ein Unternehmen wachsen kann, braucht es Investitionen. Zu hohe Privatentnahmen oder Geschäftsführergehälter verhindern das. Man sollte sich niemals mehr auszahlen als der Betrieb vertragen kann. Eine Privatentnahme kann man nur in der Höhe machen, die übrigbleibt, wenn man vom Gewinn die Rücklagen und die eigenen Sozialabgaben abgezogen hat. Unternehmer haben nicht nur eine persönliche Verantwortung, sondern auch ihrem Betrieb gegenüber, damit er überleben, im besten Fall sogar wachsen kann. In den letzten 25 Jahren habe ich hunderte Unternehmen durchleuchtet und dabei erkannt, dass die Gruppe der Unternehmer, die ohne Finanzplan agieren, oft auch Probleme mit dem eigenen Einkommen haben. Sie reduzieren in Krisenzeiten ihr eigenes Einkommen immer weiter, bis es nur noch gerade so zum Überleben reicht. Die Beschäftigung mit den eigenen Finanzen kann daher ein guter Startschuss sein, das eigene Gehalt auf ein marktübliches Niveau zu hieven. Aber wie hoch ist denn ein marktübliches Gehalt? Natürlich spielen immer individuelle Faktoren wie Region, Größe und Unternehmenssituation eine Rolle. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass ein direkter Zusammenhang zu den unternehmerischen Einnahmen Sinn ergibt. Zieht man den Rohertrag als Maßstab heran, sind bereits viele branchentypische Unterschiede berücksichtigt. Die folgende Tabelle kann als grobe Orientierung dienen: Viele Unternehmer haben bereits an der ein oder anderen finanziellen Krise geschnuppert oder sich zumindest mit schlaflosen Nächten herumgeschlagen. Unternehmensinsolvenzen befinden sich auf dem Höchststand der letzten zehn Jahre. Die Gründe ähneln sich: ungeplante Nachzahlungen und zu wenig Gewinn, um ausreichend Geld für Krisen auf die Seite zu legen. Stabil durch jede Krise Finanz-Tipps vom Fachmann Der Autor Jörg Roos hat sich darauf spezialisiert ambitionierte Unternehmer in Sachen Finanzen zu unterstützen. Mit einem umfassenden Hintergrund in Wirtschaftswissenschaften und über 20 Jahren Erfahrung in Finanzen hat er sowohl in Familienunternehmen als auch in Weltkonzernen wertvolles Fachwissen aufgebaut. Heute bietet er sein Wissen u. a. zukunftsorientierten Handwerksbetrieben an und unterstützt Geschäftsführer, die für ihre Idee und ihren Betrieb brennen. Infos: www.joerg-roos.com bis 200.000 € 30 % 500.000 bis 1 Mio € 10 % ab 1 Mio € 5 % Geschäftsführergehalt in Prozent vom Rohertrag 200.000 bis 500.000 € 20 % Vielleicht kommt man mit dem monatlichen Unternehmerlohn aber auch gut aus und könnte mehr Geld im Unternehmen lassen. Übrigens: Wenn ein unabhängiger Finanzexperte die wirtschaftliche Situation eines Betriebs bewerten würde, um eventuell einen Verkaufspreis zu ermitteln, so würde er in jedem Fall ein marktübliches Geschäftsführergehalt ansetzen. 4. Ein gutes Kontensystem Ein Kontensystem ist ein sinnvolles Werkzeug, um einen Überblick über die eigenen Finanzen zu haben. Wichtig finde ich, folgende Bereiche durch verschiedene Konten getrennt zu halten: das Tagesgeschäft, die Steuer, Rücklagen für Wachstum und Rücklagen für Sicherheit. Ich nenne das das 3+1 Kontensystem. Mindestens das Konto fürs Tagesgeschäft (+1) sollte jeder bereits haben. Fehlen also nicht mehr so viele. Die Rücklagen für Wachstum beziehungsweise Investitionen sollten zumindest so hoch sein wie die Abschreibungen, die man vornimmt. So kann man Investitionen jederzeit neu tätigen, wenn die abgeschriebenen Geräte, Werkzeuge oder Autos abgenutzt sind. Denn die Kohle liegt auf dem Konto und man muss nicht lange überlegen. Wer die drei Bausteine meistert: ein profitables Tagesgeschäft, einen stabilen Kapitalfluss und proaktives Risikomanagement, kann sich nicht nur von schlaflosen Nächten verabschieden, sondern künftige Krisen sogar fürs eigene Wachstum nutzen, während andere ums Überleben kämpfen. Buchtipp: Finanzen einfach machen Ein Unternehmen ist schnell gegründet. Es langfristig zu führen, fühlt sich dagegen immer mal wieder wie eine Raketenwissenschaft an. Besonders, wenn es um das Thema Zahlen, also die Finanzen, geht. Jörg Roos lässt einen in dieser überarbeiteten Neuauflage seines Buches »Finanzielle Stabilität für dein Unternehmen« an seiner Erfahrung aus über 25 Jahren Controlling und Finanzplanung teilhaben. Er hilft dabei, die Finanzen schnell in den Griff zu bekommen, das Unternehmen langfristig stabil aufzustellen und erfolgreich weiterzuentwickeln. Unterhaltsam erklärt und mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis. Wie Sie Ihr Unternehmen stabil aufstellen und Freundschaft mit Ihren Zahlen schließen. Mehr Infos zum Buch: www.montagshappenverlag.de/produkt/finanzen-einfach-machen FINANZEN

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